Der Blick in aktuelle Tagesnachrichten aus dem April und Mai 2023 führt vor Augen, dass der Klimawandel in Zentraleuropa angekommen ist: mehr als 40 °C in Spanien, dramatischer Wassermangel im Gardasee und Überschwemmungen nach Starkregen im Südwesten Deutschlands. Auch in Oberfranken und anderen bayrischen Regionen zeugen zahlreiche Schäden durch Wetterextremereignisse im Sommer und Herbst 2023 davon. Zudem werden die seit Jahren sinkenden Grundwasserpegel in einen direkten Zusammenhang zum Klimawandel eingeordnet, wie dies aktuelle wissenschaftliche Studien sowie Datenauswertungen zahlreicher Wasserbehörden belegen (Vujevic, Deißinger, Klöcking, Pfützner, & Weiß, 2023). Das inwa Institut für nachhaltige Wassersysteme der Hochschule Hof untersucht und entwickelt seit mehreren Jahren aktiv in verschiedenen Forschungs- und Transferprojekten Lösungen zum Umgang mit den verschiedenen Auswirkungen von Wetterextremereignissen, die zunehmend unter dem Begriff Schwammstadt an Bedeutung und Bekanntheit gewin-nen1,2. Dabei stellten die Hofer Forscher fest, dass Klimaanpassung immer stärker eine Frage eines verzahnten lokalen, regionalen und überregionalen Wassermanagements ist.
Erforderliche Maßnahmen können sich nicht mehr ausschließlich auf einzelne Teilgebiete der Wasserwirtschaft beschränken, sondern sind immer mehr mit anderen Fachdisziplinen der urbanen und räumlichen Infrastrukturplanung zu verzahnen, da sichtbar wird, dass die Auswirkungen auf den Wasserhaushalt vielschichtig, sektorenübergreifend und komplex sind. Dies bestätigen nahezu alle kommunalen Vertreter und Infrastrukturplaner als Feedback auf den neuartigen Zertifikatlehrgang „Der Weg zur Schwammstadt – Stadtentwicklung in Zeiten des Klimawandels“³, sowie als Teilnehmer des Fördervorhabens SPORE4. Allerdings wurde immer wieder das Fehlen einer zentralen Anlaufstelle angemerkt, die folgende Aufgaben und Ziele erfüllen sollte:
- Neutrale, fachkundige und interdisziplinäre Expertise im Bereich Schwammstadt/Schwammregion, Wasserressourcensicherung (z. B. durch Wasserautarkielösungen) und Nachhaltigkeit
- Zentrale Informationsstelle für Best Practices und Trend-/Lösungsentwicklungen
- Kompetenz für den Transfer geeigneter F&E-Entwicklungen in die Praxis mit hoher Umsetzungswirksamkeit
- Beratungsstelle für Kommunen, Wirtschaft und Planungsorganisationen
- Weiterbildungsanbieter und Training-/Coachingpartner
- Ansprechpartner für Fachgutachten.
Nach Einschätzung kommunaler Vertreter und Infrastrukturplaner wird eine zielführende und zeitnahe Umsetzung erforderlicher Infrastrukturanpassungen zum Umgang mit Wetterextremereignissen so lange nicht wirksam gelingen, wie eine solche Anlaufstelle fehlt. Den derzeitigen Akteuren und Verantwortlichen fehlt es neben der technischen Expertise insbesondere an systemischer Analyse- und Transferkompetenz, um die Komplexität der Thematik zu erfassen, Handlungsschwerpunkte zu identifizieren und geeignete Lösungen zu entwickeln. Mit dem Aufbau eines neuen „Kompetenz- und Transferzentrum nachhaltige Schwammstadt/-region“ in den kommenden zwei Jahren, angesiedelt am inwa Institut für nachhaltige Wassersysteme, will die Hochschule Hof diese Lücken schließen. Dadurch können auch erstmalig fehlende Planungsbausteine für Kommunen und Beratungsorganisationen entwickelt werden.