Telematikinfrastruktur: Wie hoch sind die Pauschalen?

Abstract

Telematikinfrastruktur: Wie hoch sind die Pauschalen?

Die Hürde der TI-Finanzierung wurde nach zähen Verhandlungen genommen und dem Weg der Pflege in die Telematikinfrastruktur zum 1. Juli 2025 steht kaum noch etwas entgegen. Wieviel Geld steht Pflegeheimen genau zu und was sollten Verantwortliche nun in Angriff nehmen?

16.10.2024Gemäß der Finanzierungsvereinbarung nach §106b SGB XI erhalten Pflegeeinrichtungen für die Kosten der Telematikinfrastruktur pro Versorgungsvertrag eine monatliche TI-Pauschale – doch reicht die aus? Das ist ein Thema auf der Altenheim Digital Konferenz „Telematikinfrastruktur umsetzen und finanzieren“ am 13. November.Foto: Adobe Stock/studio v-zwoelf

Im Kurzinterview skizzieren Dietmar Wolff, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Hof und ehrenamtlicher Vorstand des Fachverbands Informationstechnologien in Sozialwirtschaft und Sozialverwaltung (Finsoz) sowie Nele Stock, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Finsoz, wichtige Eckpunkte der Finanzierung und was Pflegeheime bei der TI-Anbindung beachten sollten. Beide präsentieren das Thema ausführlich auf der digitalen Konferenz „Telematikinfrastruktur umsetzen und finanzieren“ am 13. November

Wie viel Geld steht den Pflegeheimen zu und was kosten Anschluss und Betrieb?
Dietmar Wolf: Ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen erhalten (rückwirkend) seit dem 01.07.2023 für die Kosten der Telematikinfrastruktur (TI) pro Versorgungsvertrag eine monatliche TI-Pauschale, die quartalsweise ausgezahlt wird. Gemäß der Finanzierungsvereinbarung nach §106b SGB XI (in Verbindung mit §380 Absatz 2 Nr. 4 SGB V) bzw. gemäß §380 Absatz 2 Nr. 4 SGB V gilt diese sowohl für die Ausstattungs- als auch die Betriebskosten und beträgt bis zum 31.12.2023 192,80 Euro pro Monat. Ab dem 01.01.2024 erhöht sich die Pauschale um 3,85 % auf 200,22 Euro im Monat. Zusätzlich erhalten Pflegeeinrichtungen Zuschlagspauschalen für die Kosten von maximal zwei elektronischen Heilberufeausweisen (eHBA) von 7,20 Euro und ab 01.01.2024 7,48 Euro pro Monat. Einrichtungen, die sich erstmals zwischen dem 01.01.2021 und dem 30.06.2023 an die TI angebunden haben und damit bisher nur eine Investitionspauschale erhalten hatten, stehen für einen Zeitraum von 30 Monaten 50 % der TI-Pauschale zu. Kalkuliert auf 5 Jahre, gemäß des Gültigkeitszeitraums der Authentifizierungskarten, erhalten Pflegeeinrichtungen pro Versorgungsvertrag mit zwei eHBA-Karten seit dem 01.07.2023 insgesamt 12.432 Euro, und ab dem 01.01.2024 insgesamt 12.910,80 Euro.
Ob die Kosten für den Anschluss und Betrieb der TI damit vollständig gedeckt sind, bleibt bislang unklar. Aufgrund der geringfügigen TI-Anbindungen im Pflegesektor fehlen bis dato sowohl auf Dienstleister- als auch auf Einrichtungsebene ausreichende Erfahrungswerte. Hinzu kommt eine gewisse Intransparenz der TI-Angebote seitens der Industrie. Erste Erhebungen des FINSOZ e.V. zeigen jedoch, dass die TI-Angebote je nach Anbieter und Dienstleister stark variieren und maßgeblich von den individuellen Infrastrukturen der jeweiligen Einrichtungen abhängig sind. Keins der uns bisher vorliegenden Angebote durch die TI-Pauschale wird dabei vollständig gedeckt, die verbleibenden „Eigenanteile“ liegen zwischen niedrigen und sehr hohen vierstelligen Beträgen.

Was muss für eine erfolgreiche Anbindung in Angriff genommen werden und welche Anbindungsart sollten Pflegeheime nutzen?
Nele Stock: Für eine nachhaltige TI-Anbindung ist die individuelle adäquate Auswahl der unterschiedlichen Hard- und Softwarekomponenten entscheidend. Der bisherige Einboxkonnektor wird nach unserer Einschätzung keine Zukunft haben. Stattdessen rücken neue Lösungen wie das TI-Gateway in den Fokus. Dabei wird ein serverbasiertes System, der sogenannte Highspeed-Konnektor, von einem Dienstleister in einem Rechenzentrum betrieben und bietet vor allem für kleine und mittlere Einrichtungen eine optimale Lösung. Große Pflegeeinrichtungen könnten diesen Highspeed-Konnektors auch selbst betreiben. Bis ausreichend Gateway-Lösungen verfügbar sind, empfiehlt es sich in Rücksprache mit dem ausgewählten Dienstleister, auf TI as a Service zurückzugreifen. Dies gewährleistet einen reibungslosen Übergang und vermeidet unnötige Hardwarekosten für Pflegeeinrichtungen. 

Was sollten Pflegheime auf Ihrem Weg zur erfolgreichen TI-Anbindung noch beachten?
Dietmar Wolf: Neben den technischen Grundvoraussetzungen und einer funktionierenden IT-Infrastruktur müssen auch Rahmenbedingungen geschaffen werden, um den Zugang zur TI zu ermöglichen. Einrichtungen sollten Mitarbeitende, Patienten sowie deren Angehörige von Beginn an einbeziehen und entsprechende Schulungen zur erfolgreichen Implementierung integrieren. Eine effektive Nutzung der TI erfordert zudem die Vernetzung aller beteiligten Akteure für eine sektorenübergreifende Kommunikation. Relevante Schnittstellen müssen identifiziert und entsprechende Leistungserbringer im direkten Umfeld eingebunden werden, um die Kommunikationsprozesse wie Rezept- und Verordnungsmanagement, Medikationsmanagement sowie digitale Leistungsabrechnung z.B. über KIM zu optimieren. Der frühzeitige Kontakt mit Netzwerkakteure in der Region ist daher fundamental für die erfolgreiche Nutzung der TI. Ganz besonders wichtig ist aber auch die Klärung der Abläufe im eigenen Haus – wo gehen zukünftig z.B. KIM-Nachrichten ein, wie werden die verteilt usw., weil sich daraus auch der Bedarf am elektronischen Heilberufeausweisen (eHBA) ableitet.

Die Fragen stellte Ina Füllkrug

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Mehr zum Titel

Titel Telematikinfrastruktur: Wie hoch sind die Pauschalen?
Medien Altenheim.net
Verlag Altenheim.net
Heft ---
Band 2024
ISBN ---
Verfasser/Herausgeber Prof. Dr.-Ing. Dietmar Wolff, Nele Stock, Ina Füllkrug
Seiten ---
Veröffentlichungsdatum 2024-10-17
Projekttitel pulsnetz - MuTiG
Zitation Wolff, Dietmar; Stock, Nele; Füllkrug, Ina (2024): Telematikinfrastruktur: Wie hoch sind die Pauschalen? Altenheim.net 2024.