iECO soll als offenes Ökosystem mit möglichst niedrigen Eintrittshürden einen Datenraum in der Bauwirtschaft schaffen, in dem sich grundsätzlich alle Unternehmen der Bauwirtschaft en-gagieren können. Bei der Realisierung des Datenraums werden die technischen und wirt-schaftlichen Hürden für den Eintritt in das Ökosystem, insbesondere auch für KMU und Start-ups, so niedrig wie möglich gehalten. Dies sichert nicht nur die Offenheit des Ökosystems, sondern erlaubt es zugleich, dass sich die Netzwerkeffekte früh und schnell entfalten können. Ziel des Teilvorhabens „Data Governance und Rechtemanagement im Ökosystem Bau – iECO“ ist, die Anforderungen des öffentlichen und privaten Baurechts, der Data Governance und des Rechtemanagements im iECO-Datenraum und den Smart Advanced Services bei Entwicklung der Use Cases rechtskonform umzusetzen. Hierbei werden die Datensouveränität der Dateninhaber gewahrt und in die technischen Entwicklungen und Prozesse eingebracht, Lock-in-Effekte im Datenraum durch die rechtliche und technische Gestaltung minimiert und Offenheit, Transparenz und wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit durch die Governance des Ökosystems gesichert. Die Interoperabilität und Portabilität der Daten werden unter Wahrung der Rechte von Einzelnen und Unternehmen, insbesondere an personenbezogenen Daten, gewerblichen Schutzrechten und Know-how ermöglicht. Dadurch kann bei den beteiligten Un-ternehmen Vertrauen entstehen, einander auch sensible Daten im Datenraum bereitzustellen und so einen echten Digitalen Zwilling des Gebäudelebenszyklus Realität werden zu lassen. Da die öffentlich-rechtlichen Genehmigungs- und Prüfprozesse termin- und vorhabenentschei-dend sein können, wird vor allem in diesem Teilvorhaben die Brücke zur öffentlichen Verwal-tung geschlagen. Die Verwertung erfolgt über die Umsetzung der rechtlichen Anforderungen in Anforderungs-kataloge, Leitfäden und Prozessdarstellungen (Legal Process Modeling). Schon während der Projektlaufzeit wird mit den anderen Beteiligten des GAIA-X-Förderprogramms ein intensiver wissenschaftlicher Austausch über Vorträge und Workshops stattfinden. Nach Projektende werden die Ergebnisse und Anleitungen in Lehre und Weiterbildung einfließen und über Ver-öffentlichungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
1.2 Wissenschaftliche und/oder technische Arbeitsziele und wie diese erreicht werden sollen • Problemstellung Mit dem Fördervorhaben sollen sichere und vernetzte Dateninfrastrukturen entstehen, bei de-nen digitale Souveränität gewahrt, Innovationen vorangebracht und Daten und Dienste in ei-nem offenen und transparenten Ökosystem verfügbar gemacht und vertrauensvoll geteilt wer-den. Hierbei sollen die Ziele der Europäischen und Nationalen Datenstrategie verfolgt und insbesondere die Anwenderperspektive des Mittelstandes in den Aufbau von souveränen und sicheren Datenökosystemen integriert werden, um innovative Produkte und datenbasierte Ge-schäftsmodelle auch für KMU etablieren zu können. Die Leitprinzipien von GAIA-X umfassen den europäischen Datenschutz, Offenheit und Transparenz, Authentizität und Vertrauen, Sou-veränität und Selbstbestimmtheit, freien Marktzugang, europäische Wertschöpfung, Interope-rabilität und Nutzerfreundlichkeit. Zwischen den Zielen von GAIA-X und dem derzeitigen Stand des materiellen und Verfah-rensrechts im öffentlichen und privaten Baurecht klafft derzeit noch eine große Lücke. Der Rechtsrahmen zur Digitalisierung entfaltet sich in der Schnittstelle von öffentlicher Verwaltung und privater Bauwirtschaft nur allmählich. So soll das am 18.08.2017 in Kraft getretene On-linezugangsgesetz (OZG, Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleis-tungen, vom 14.08.2021, BGBl. I S. 3122, 3138) bis Ende 2022 in Deutschland umgesetzt sein. Die Länder haben das OZG über die eGovernment-Gesetze transformiert, um neben den Be-hörden des Bundes und der Länder auch die Kommunen rechtssicher einzubeziehen. Auch die Kommunen müssen dann alle Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale di-gital anbieten und diese Portale zu einem Verbund verknüpfen. In Bayern wird beispielsweise das eGovernment-Gesetz vom 22.12.2015 (BayEGovG) derzeit überarbeitet (StMD [1]; Refe-rentenentwurf des Bayerischen Staatsministeriums für Digitales, Entwurf eines Gesetzes über die Digitalisierung im Freistaat Bayern (Bayerisches Digitalgesetz – BayDIG), abrufbar unter: https://www.stmd.bayern.de/wp-content/uploads/2021/07/Entwurf-Digitalgesetz.pdf). Künftig soll die digitale Identifikation über das BayernID-Servicekonto mit einer Wallet-Funktion und weiteren Funktionalitäten versehen werden. Dies wird im Einklang mit der im Entwurf vorge-legten Änderung der eIDAS-VO geschehen (Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 im Hinblick auf die Schaffung eines Rahmens für eine europäische digitale Identität, 03.06.2021). Zum ande-ren soll die rechtssichere förmliche Zustellung innerhalb des Portals ermöglicht werden. Auch Sachsen hat zur Umsetzung des OZG verschiedene Gesetze erlassen und einen Leitfaden Masterplan OZG sowie ein Digitalisierungsprogramm Kommune 2025 erstellt (https://ozg.sakd.de). Die Anzahl der zu digitalisierenden Verwaltungsleistungen ist beachtlich. So umfasst im OZG-Masterplan Bayern (StMD [2]) allein das Themenfeld Bauen und Wohnen 62 Leistungen aus drei Lebenslagen. Die Lebenslage Bauen und Immobilien beinhaltet Dienstleistungen im Rah-men der Vorbereitung und Durchführung eines Bauvorhabens, welche grundsätzlich durch Bauherrinnen und Bauherren, Bauträgerinnen und Bauträger sowie Bauvorlageberechtigte be-ansprucht werden. Die Leistungserbringung liegt größtenteils in der Zuständigkeit der jeweili-gen Unteren Bauaufsichtsbehörde. Für den digitalen Bauantrag (Lebenslage Bauen) bestehen erste Modellversuche, u.a. in Bay-ern, zu denen auch der Landkreis Hof gehört. Für die systemtechnische Anbindung existiert als führendes Verwaltungsportal des Landes gem. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2 OZG das BayernPor-tal, über das die Einreichung des Antrags und die Identifizierung der Einreicher erfolgt. Das Nutzerkonto gem. § 3 Abs. 2, § 2 Abs. 5 OZG beinhaltet die BayernID und den sicheren Post-korb (StMD [2], S. 14, 20). Die BayernID setzt die Anforderungen der eIDAS-VO (Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates über elektronische Identifi-zierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Auf-hebung der Richtlinie 1999/93/EG) in der derzeitigen Fassung um. Die Abwicklung des Baugenehmigungsverfahrens liegt hingegen in der Zuständigkeit der je-weiligen Unteren Bauaufsichtsbehörde. Hierzu hat der IT-Planungsrat die offenen Standards XBau und XPlanung verabschiedet, die für öffentliche Auftraggeber gesetzt sind. Die Kommunen [V1, 22.07.2021] Seite 3 und Landkreise sind für die Beauftragung der Softwareanbieter und IT-Dienstleister zu-ständig und müssen hierbei sicherstellen, dass nur IT-Lösungen zum Einsatz kommen, die eine XBau-/XPlanung-konforme Datenverarbeitung ermöglichen bzw. die Implementierung der Standards XBau/XPlanung unterstützen. Softwareentwickler und IT-Dienstleister müssen mit ihrer Software, z.B. durch die Bereitstellung von Software-Schnittstellen, die Verarbeitung und den Austausch gemäß der Standards XBau/XPlanung sichern. Geplant ist die verbindliche Einführung bis 2023 (IT-Planungsrat [21]). Nach dem OZG-Masterplan bestehen vier Reife-gradstufen der Umsetzung, wobei der Reifegrad vier die vollständige und ausschließliche di-gitale Abwicklung der Leistung vorsieht. Mit der Bereitstellung des digitalen Bauantrags gilt eine Leistung nach OZG als umgesetzt (Front-End). Die Digitalisierung der dahinter liegenden internen Verwaltungsprozesse wird erst nach und nach verwirklicht werden. Auch die vollständige Vernetzung aller Register und der Wegfall aller nicht-digitalen Belegpflichten werden erst mittel- und langfristig umgesetzt und werden wahr-scheinlich EU- bzw. bundesgesetzliche Regelungen erfordern (StMD [2], S. 7 f., 12, 21). Vereinzelte Ansätze zur elektronischen Aktenführung und digitalen Bauvorlagen gibt es schon seit einigen Jahren, z.B. seit 2013 sehr innovativ in der Bauaufsichtsbehörde Oberursel (Hor-nung/Suarez [18]). In privaten Prüfingenieurbüros liegen ebenso schon Erfahrungen in der digitalen Prüfung vor (Ponzel/Eisler [24]). Die im Modellversuch gestarteten digitalen Einrei-chungen erfolgen als PDF. Die überwiegende Anzahl der Bauantragseinreichungen erfolgt je-doch nach wie vor in Papierform. Der
Landkreis Hof ist mit dem Verfahren Digitaler Bauantrag am 01.03.2021 gestartet
und wickelt in diesem Jahr eine einstellige Zahl über die eAkte der OTS Bau
digital ab (siehe Ab-bildung 1). Sächsische Bauaufsichtsbehörden bieten derzeit
die Einreichung von digitalen Bauanträgen noch nicht an. Aber auch in Bayern
können weitere Datenformate über PDF hin-aus derzeit nicht ausgetauscht werden.
Die Kommunen bzw. Landkreise sind mit der noch im Aufbau befindlichen
IT-Infrastruktur (u.a. Servern) auf den Austausch großer Datenmengen und die
rechtssichere Archivierung anderer Formate nicht vorbereitet. Schon die
Ermöglichung der digitalen Bauanträge als PDF und die Umstellung von
papiergebundenen auf hybride Pro-zesse (Papier und PDF) stellt eine sehr hohe
Hürde dar, die mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen der Kommunen und Landkreise
kaum zu bewältigen. |